Schon lange haben sich die Berliner Grünen nicht mehr so schwer getan, einen neuen Landesvorstand zu wählen. Nun steht fest: Nina Stahr und Philmon Ghirmai sollen die Führung der Partei übernehmen. Am Mittwochabend gab es bei der Fortsetzung des am Samstag abgebrochenen Parteitags eine breite Mehrheit für die neue Landesspitze. Sie hat einiges vor sich. Dazu gehört, die Grünen für die nächste Wahl zum Landesparlament 2026 optimal aufzustellen.
Das klare Votum für Stahr und Ghirmai wird bei den Grünen als Chance gesehen, den wochenlangem internen Streit zu beenden. Nach der Abstimmung war die Erleichterung zu spüren, dass es diesmal gleich im ersten Wahlgang klare Verhältnisse gegeben hatte.
Am Samstag war der Parteitag abgebrochen worden, nachdem die Kandidatin des Realo-Flügels für den Landesvorsitz, Tanja Prinz, in drei Wahlgängen durchgefallen war. Stahr entschuldigte sich dafür, wie mit Prinz umgegangen worden sei. Das sei einer feministischen Partei nicht würdig gewesen. Stahr setzt darauf, innerparteiliche Auseinandersetzungen zu beenden. «Diese Welt, diese Stadt hat genug Krisen. Sie braucht nicht noch eine Krise in unserer Partei», sagte sie.
Im Vorfeld hatte es interne Diskussionen darüber gegeben, ob Stahr bei der Abstimmung dafür abgestraft werden würde, das Parteiamt zu übernehmen und gleichzeitig ihren Sitz im Bundestag behalten zu wollen. Bei den Grünen ist laut Satzung die Trennung von Amt und Mandat vorgesehen. Beides zusammen soll in Stahrs Fall nur für eine Übergangsfrist möglich sein, die spätestens im Mai endet, wenn die nächste Landesdelegiertenkonferenz ansteht.
Die große Mehrheit der Delegierten hatte mit der Lösung offenbar keine Probleme: 127 von 144 Delegierten stimmten für Stahr. Philmon Ghirmai hatte zwei Gegenkandidaten und erhielt 103 von 140 abgegebenen Stimmen. Ghirmai, der aus dem Kreisverband Neukölln kommt und zu den Parteilinken zählt, ist bereits seit 2021 Landesvorsitzender.
Stahr war bereits von 2016 bis 2021 Landesvorsitzende, hatte das Amt dann allerdings abgegeben, als sie Bundestagsmitglied wurde. Sie gehört zum Realo-Flügel und kommt aus dem Kreisverband Steglitz-Zehlendorf.
Den Streit der vergangenen Wochen unter den Teppich zu kehren, hält sie für keine gute Strategie. Es gebe viel zu klären, kündigte Stahr an. Das gilt aus ihrer Sicht auch mit Blick auf den offenen Brief von neun Kreisverbänden, die Kritik an Prinz-Unterstützern geübt hatten. Darin war die Rede von Falschbehauptungen und einer Kultur des Misstrauens. Mitglieder seien eingeschüchtert, andere psychisch unter Druck gesetzt worden. Darüber, dass solche Vorwürfe öffentlich erhoben worden seien, müsse gesprochen werden - aber auch darüber, dass neun von zwölf Kreisverbänden keine anderen Mittel gesehen hätten, als diesen Brief zu schreiben.